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Der König der U 20-Leichtathleten

Mit einem Jubelschrei ins Ziel des den Siebenkampf abschließenden 1000-Meter-Laufes: In diesem Augenblick wusste Jonas Perner, dass er der neue deutsche U 20-Meister ist. Foto: /Iris Hensel

Die Mehrkämpfer werden als die Könige unter den Leichtathleten bezeichnet. Am Wochenende hat sich Jonas Perner (LG Fichtelgebirge/TV Wunsiedel) mit einer Top-Leistung bei der deutschen Meisterschaft in Leverkusen selbst zum König gekürt und die Goldmedaille im Siebenkampf gewonnen.

Leverkusen/Wunsiedel – Jonas Perner konnte es noch am Montag selbst kaum glauben, was ihm am Wochenende gelungen ist. Nämlich eine der ganz großen Überraschungen bei der deutschen Hallen-Mehrkampfmeisterschaft der U 20-Leichtathleten. „Damit hätte ich nie gerechnet“, sagte der noch 17-jährige Gymnasiast im Gespräch mit unserer Zeitung. Einen Platz auf dem Treppchen, ja, darauf hatte er insgeheim schon gehofft. Aber der erste deutsche Meistertitel seiner Karriere? Und noch dazu als jüngerer Jahrgang der U 20. Nein, das hätte er sich nicht träumen lassen. „Ich habe mir noch nie so wenig Chancen wie in Leverkusen ausgerechnet.“ Zumal ein richtiges Seuchenjahr 2021 hinter dem für den TV Wunsiedel startenden Tröstauer liegt.

 Seuchenjahr 2021

Im März hatte sich der LGF-Athlet mit dem Coronavirus infiziert. Pause: gut vier Wochen. „Ich hatte leichte Symptome, die sich aber in Grenzen gehalten haben“, erinnert sich Perner. Nach überstandenem Covid-19 hatte ihn dann eine Sprunggelenkverletzung für einige Zeit außer Gefecht gesetzt. Ende Mai war es ein Sturz vom Fahrrad, der ihm mehrere gebrochene Rippen und eine erneute Zwangspause einbrachte. „Da konnte ich sechs Wochen überhaupt nichts machen. Schon das Treppensteigen war schwierig, weil ich wegen der gebrochenen Rippen nicht richtig Luft holen konnte. Das war richtig schlimm“, erzählt der junge Mann, der erst nach einer acht- bis zehnwöchigen Pause langsam wieder an ein Training denken konnte.

Ein richtiges Aufbautraining sei erst Anfang des Winters wieder möglich gewesen. Zusammen mit seinem Trainer und Opa Fritz sowie Onkel Simon Ruckdeschel – beide selbst Leichtathletik-„Legenden“ im Fichtelgebirge – habe er viele Baustellen abgearbeitet und sich nach und nach wieder in die richtige Form gebracht. Dass er nach seinen vielen Zwangspausen wieder konkurrenzfähig ist, hat Perner schon in den vergangenen Wochen bei den nordbayerischen Titelkämpfen bewiesen. Dass es nun aber auch an den beiden Tagen bei der deutschen Meisterschaft wie am Schnürchen gezogen klappt, war kaum zu erwarten.

Tag 1 (60-Meter-Sprint, Weitsprung, Kugelstoßen, Hochsprung)

„Der erste Tag lief in allen Disziplinen ganz gut“, fasst Perner zusammen. „Es waren keine überragenden, aber insgesamt sehr solide Ergebnisse.“ Über die 60-Meter lief er in 7,01 Sekunden nur um eine Hundertstel Sekunde am oberfränkischen Rekord vorbei – und lag gleich in Führung. Im Weitsprung schrammte Perner mit 6,72 Metern um neun Zentimeter an seiner bisherigen Bestleistung vorbei – und rutschte auf Platz zwei ab. Im Kugelstoßen feuerte er die Sechs-Kilogramm-Kugel nach zwei mäßigen Stößen erstmals auf über 13 Meter. Mit 13,14 Metern blieb der LGF-Athlet weiter auf Platz zwei hinter dem Topfavoriten Emanuel Molleker. Im Hochsprung scheiterte Perner erst an seiner Bestleistung von 1,86 Metern. Mit 1,83 Metern fiel er trotzdem zurück auf Rang vier, hatte aber noch engen Kontakt zu den Medaillenkandidaten. „Beim Abendessen hat mein Onkel Simon gesagt, dass ich den Wettkampf noch gewinne, wenn ich am zweiten Tag meine Bestleistungen abrufe. Ich habe es nicht geglaubt“, erzählt Perner.

Tag 2 (60-Meter-Hürden, Stabhochsprung, 1000 Meter)

Der junge Tröstauer eröffnete den zweiten Tag mit einem soliden Lauf über 60-Meter-Hürden in 8,49 Sekunden. Er blieb damit zwar knapp über seiner Bestzeit, eroberte sich aber Platz zwei zurück. Der endgültige Wendepunkt kam dann im Stabhochsprung, der Spezialdisziplin des LGF-Athleten. Während das Springen für den zu diesem Zeitpunkt noch auf Titelkurs liegenden Emanuel Molleker schon bei 3,90 Metern beendet war, stieg Jonas Perner als letzter der 14 Teilnehmer erst bei 4,20 Metern ein. „Ich hatte zwischen dem Einspringen und meinem ersten Sprung etwa zwei Stunden Pause. Das war eine schlimme Zeit“, sagte Perner am Montag schmunzelnd. Aber das Warten hat sich gelohnt. Der für den TV Wunsiedel startende Tröstauer wuchs förmlich über sich hinaus, schaffte die ersten drei Höhen jeweils im ersten Versuch, nahm die 4,50 Meter im zweiten – und hatte erst bei 4,60 Metern erste Probleme. „Da wurde der Stab zu weich“, erklärt Perner, der Hilfe vom Leverkusener Stabhochsprungtrainer in Form eines härteren Stabes erhielt. Und prompt klappte es im dritten Versuch über die 4,60 Meter und gleich im ersten Anlauf auch über die 4,70 Meter. An den 4,80 Metern scheiterte er dann nur denkbar knapp. Das Tor zum Titel stand dennoch weit offen, auch wenn das Jonas selbst gar nicht so richtig mitbekommen hatte. „Ich wusste nur, dass es jetzt knapp wird. Aber an den Sieg verschwendete ich noch keinen Gedanken.“

Entscheidung im 1000-Meter-Lauf

Die Entscheidung musste über die 1000 Meter fallen. Und sie fiel zugunsten des 17-Jährigen aus dem Fichtelgebirge, der ein taktisch starkes Rennen lief, seinen Hauptkonkurrenten kurz vor dem Ziel abhängte und in 2:59,04 Minuten zum großen Triumph lief. „Ich war mega-glücklich“, sagte Perner, der nach dem Empfang der Goldmedaille und einem quälend langen Warten auf die Dopingkontrolle den Abend

Frankenpost 31.01.2022

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